Zusammenfassung
Der Sieg des Fernsehens ist stets ein Effekt retroaktiver Zuschreibung. Sie deutet das Vergangene aus Perspektive des Gegenwärtigen und findet ihre soziokulturelle Relevanz damit immer in eben jener Zeit, die sie und ihre Diskurse hervorbringt. Die TV-Serien Band of Brothers und The Pacific, beide Reimaginationen des Zweiten Weltkriegs, reflektieren ihre Sujets daher über zeitgenössische Referenzen. Band of Brothers authentisiert das Dargestellte durch historisierende, ontologisierende und affizierende Inszenierungsstrategien, wie sie seit dem Kinoerfolg von Saving Private Ryan hohe Konjuktur genießen. Noch über die Intensität der Strategien von Saving Private Ryan hinausgehend, fokussiert Band of Brothers insbesondere die Signifikanz von historischen Augenzeugen. Jene wird im Spezifischen zentral, weil die Serie sich mit einem singulären Geschichtsereignis befasst: der Befreiung von NS-Konzentrationslagern, die konsequent als messianischer Eingriff dargestellt wird. Band of Brothers artikuliert damit nicht zuletzt Sehnsuchtsbilder nach einer Geschichte, die sich einerseits noch durch symmetrische Kriegsführung und andererseits noch einen ‚gerechten‘ Kriegsgrund auszeichnet. Dem gegenüber forciert The Pacific einen allegorischen Darstellungsmodus, dem es gerade um die Unmöglichkeit einer Repräsentation der Neuen Kriege zu tun ist. Wo Band of Brothers durch die Emphase der Singularität der „Rettungsmission“ (Drehli Robnik) aus der Geschichte austreten will, kultiviert The Pacific entgegen aller Metaphysik eine ‚materialistische‘ Ästhetik. Diese ist im soziokulturellen Kontext des War on Terror und einer Entgrenzung von Gewalt zu lokalisieren, auf welche die Serie keine Antwort zu geben bereit ist. Stattdessen findet The Pacific zurück zu einer ‚klassischen‘ Katharsis, die ihr Publikum von Affekten zu reinigen intendiert.