Zusammenfassung
In seinem Aebeitszimmer sitzt der regierende Fürst Hettore Gonzaga am Schreibtisch über den Regierungsgeschäften. Es ist noch früh am Morgen; der Prinz hat sich zeitig an die Arbeit begeben, aber er ist nur mit halber Seele dabei. Er ist verstimmt, und die Eingänge, Klagen und Bittschriften sind nicht geeignet, seine Stimmung zu verbessern. Mißmutig legt er die Schriftstücke beiseite, bis auf eines, aber auch dies Gesuch hat seine Teilnahme nicht durch die Sache, die es führt, erweckt, sondern durch eine zufällige Namensgleichheit der Bittstellerin. „Eine Emilia? — Aber eine Emilia Bruneschi — nicht Galotti, nicht Emilia Galotti!“ Zum ersten Male hören wir den Namen der Titelheldin, und wie ein guter Engel schreitet sie durch das Arbeitsgemach des Fürsten: sie verschafft der bittenden Ramensschwester Gewährung. Welche Macht hat sie über den Fürsten! Die Erinnerung an sie genügt, seiner Arbeit ein Ende zu machen, ihm die mühsam behauptete Ruhe zu nehmen. Wir sind gespannt, Näheres von ihr zu erfahren. Statt dessen hören wir von der Gräfin Orsina, die gestern von ihrem Landhaus in die Stadt gekommen ist und nun dem Prinzen einen Brief sendet, auf den sie Antwort erwartet. Aber der Prinz verschiebt die Antwort auf spater und legt den Brief uneröffnet, ungelesen beiseite. Dabei spricht er so bittere Worte über die Dame, die er vor kurzem noch zu lieben glaubte, daß wir fühlen, er hat Verpflichtungen gegen sie, die ihm lasting sind (1. Auftr.)