Zusammenfassung
1.
Es wird eine Methode beschrieben, mit der Bienen (Apis mellifica) dazu dressiert werden können, eine Wegstrecke zu einer Futterstelle bei Rotlicht auf einer senkrechten Fläche zurückzulegen, wobei ihnen nur die Schwerkraft als Orientierungsmittel dient. Solche Dressuren werden unter neun verschiedenen Winkeln zur Schwerkraft durchgeführt.
2.
Die resultierenden Laufrichtungen geomenotaktisch orientierter Honigbienen weichen von bestimmten Zielrichtungen in gesetzmäßiger Weise ab und zwar verschieden beim Hinlauf zum Futter und beim Rücklauf vom Futter (geomenotaktische Fehlorientierung: gFo). Beim Hinlauf fehlen Abweichungen von den Sollwinkeln 0°, 60°, 90°, 120° und 180°; von 30° und 100° weichen die Bienen nach oben, von 80° und 150° nach unten hin ab. Beim Rücklauf wird von allen Sollrichtungen, die weiter als 30° von der nach oben führenden Richtung wegführen, nach unten hin abgewichen.
3.
Richtungswahlen in der Gegenrichtung treten in geringer Anzahl auf; sie werden ebenso diskutiert wie die individuelle Variabilität der gFo.
4.
Die gFo der Bienen wird mit der von Formica polyctena und mit der „Restmißweisung“ beim Schwänzeltanz verglichen. Die Schwerekompaßorientierung beim Rücklauf der Bienen und Ameisen, diejenige beim Hinlauf der Ameisen und jene beim Hinlauf der Bienen und bei deren Schwänzeltanz lassen sich als Stufen zunehmender Perfektion der geomenotaktischen Steuermechanismen begreifen.
5.
Es wird versucht, die gFo aus bekannten Eigenschaften der tropotaktischen und menotaktischen Orientierungssysteme und plausiblen Annahmen über die Abhängigkeit der beteiligten Faktoren vom Sollwinkel abzuleiten. Wesentlich ist dabei die Annahme, daß Tendenzen zur positiven bzw. negativen geotaktischen Grundstellung bei Hin- und Rücklauf in jeweils umgekehrtem Kräfteverhältnis wirksam sind und vom zentralen Drehkommando nicht vollauf kompensiert werden. Beim Hinlauf und beim Tanz der Bienen wird zusätzlich die Wirkung einer transversalgeotaktischen Grundstellung wahrscheinlich gemacht.